
Großes Medienhaus oder kleine lokale Redaktion? Bei der Suche deiner Praktika für den Traumberuf Journalismus wird dir diese Frage immer wieder über den Weg laufen. Ich möchte dir im folgenden Text eine Pro- und Kontraliste geben, mit der du dann entscheiden kannst. Für alle anderen Fragen bei der Praktikumssuche habe ich hier schon einen Text veröffentlicht.

Kleine Lokalredaktionen
Eine kleine Redaktion in deiner Stadt, die mit wenig Leuten, aber viel Herzblut ein Medium auf die Beine stellen, dass die Menschen in der Region sich gerne anschauen. Zu dünn besetzt. Chronisch unterfinanziert. Das ist die Wahrheit mit der viele kleine Redaktionen im Journalismus unabhängig davon, ob sie Radio, Fernsehen, Zeitung oder Online machen, zu kämpfen haben. Da kommt kostengünstige und motivierte Hilfe gerade recht. Deshalb arbeiten viele dieser kleinen Redaktionen mit Praktikantinnen und Praktikanten.
Der Arbeitsalltag
Dein erster Tag wird vermutlich so aussehen:
Du kommst sehr motiviert in die Redaktion und bist bereit voll durchzustarten. Die meisten Mitarbeiter haben aber vergessen, dass du heute kommst. Alle sind sehr beschäftigt, weil ein lokaler Politiker falsch geparkt hat. Oder so. Dein Chef, der selbst mega viel zu tun hat, stellt dich bei einem Redakteur oder einer Redakteurin ab, während er versucht dir irgendwo einen Tisch und einen PC zu besorgen. Seine Worte beim Weggehen waren: „Zeig der neuen Praktikantin mal, was du gerade so machst“.
Aber irgendwann hast du deinen Schreibtisch, deinen PC und einen Überblick, wie die Redaktion läuft. Das ist tatsächlich oft schon am ersten oder zweiten Tag. Denn auch wenn sie komplett unorganisiert wirken, sie sind Improvisationskünstler und können jede Situation retten. Genau das ist das wichtige, was du aus einer solchen Redaktion mitnehmen kannst.
Denn sobald du einen eignen Schreibtisch hast, sollst du auch eigenständig arbeiten. Interviews führen, Umfragen machen und zu Themen recherchieren. Jeder neue wird erst einmal ins kalte Wasser geworfen. Dabei geht es nicht darum, alles sofort richtig zu machen. Vielmehr ist das Motto hier: „Learning by doing“.
Und dabei lernst du wirklich viel! Ich kann nur empfehlen, einmal in so einer kleinen Redaktion zu arbeiten, um Erfahrung zu sammeln. Und wenn du Arbeitsproben brauchst, gibt es nichts Besseres.
Worauf du nicht hoffen brauchst
Diese Praktika werden nicht bezahlt. Aus den oben genannten Gründen können das die kleinen Redaktionen auch überhaupt nicht. Viele zeigen ihren guten Willen und geben etwas Fahrgeld.
Außerdem wirst du dort keinen Job bekommen, nach deinem Praktikum. Als Einstieg in die Berufswelt sind solche Praktika nicht von Vorteil. Meistens ist kein Geld da, um neue Leute einzustellen. Und wenn das doch mal möglich sein sollte, bekommst du dort nicht das Geld, das du verdienst.
Außerdem wirst du selten vermisst. Natürlich kann das Verhältnis mit allen sehr gut sein. Aber niemand wird sagen, dass du genau das bist, was die Redaktion jetzt noch braucht. Denn am nächsten Monatsanfang kommt der nächste Praktikant und hat genau die gleichen Aufgaben wie du.

Das große Medienhaus
Viele bewerben sich nicht bei Medienhäusern mit großen Namen, weil sie denken, die haben bestimmt genug Bewerber, die alle besser sind als ich. Und das denken auch sehr viele sehr gute Leute. Also kann ich nur jedem empfehlen, sich dort zu bewerben.
Einen großen Namen im Lebenslauf stehen zu haben, hilft dir vor allem bei anderen großen Häusern weiter. Wenn da also RTL oder ZDF drin steht hast du auf jeden Fall im ersten Moment den Respekt der Personaler. Und wenn du dann noch ein gutes Arbeitszeugnis vorweisen kannst, ist das schon die halbe Miete.
Der Arbeitsalltag
So wird vermutlich dein erster Tag aussehen:
Du musst dich Pünktlich an einem Empfang oder an irgendeiner Pforte melden. In den letzten Tagen hast du schon tausende Mails bekommen, in denen Anfahrt, Parkplätze, Ansprechpartner, Umgangston und Zeitplan des ersten Tages genau erklärt waren. Dein Arbeitsplatz ist schon vorbereitet, die Sekretärin hat sich gestern darum gekümmert, dass du alle Zugänge für die Programme hast und direkt starten könntest. Wäre da nicht die Führung durch das riesige Haus, die zuerst alle Neuen machen müssen. Und die Schulungen für die 1000 Programme, die du benutzen musst laut Workflow.
Du bekommst einen verantwortlichen Redakteur oder Redakteurin zugeteilt, der oder die dir alle Aufgaben erklären soll. Du bekommst von ihm eine gute Einweisung in die Arbeit, die er macht. Aber Aufgaben hat er für dich keine. Ach doch, da fällt ihm spontan ein Thema ein, das er total spannend findet und du mal anrecherchieren sollst. Damit lässt er dich dann den Rest des Tages allein.
Bis du eigene Projekte angehen darfst, vergehen Wochen. In manchen großen Redaktionen bist du als Praktikant:in immer nur Zuarbeiter. Manchmal noch nicht einmal das. Tatsächlich brauchen manche großen Redaktionen auch nur einen Laufburschen.
Worauf du nicht hoffen brauchst
Es wird eher selten passieren, dass du am Anfang allein auf Drehs, zu Pressekonferenzen oder anderen Terminen geschickt wirst. Meistens bist du mit einem Redakteur unterwegs und hilfst ihm vorbereiten. Wenn er cool ist, lässt er dich auch mal ein Interview führen. In großen Medienhäusern wird eben sehr auf die hohe Qualität geachtet und als Praktikant kann man diese in Gefahr bringen. Selbst Videos schneiden oder einen Artikel schreiben sind deshalb auch schwierig.
Wenn du ein gutes Verhältnis mit deinen Kollegen hast, freuen sich alle dich nach dem Praktikum wieder zu sehen. Wird Hilfe benötigt, hast du auch die Chance auf einen Werkstudentenjob oder einen Job als Berufseinstieg.
Auf jeden Fall bringen der große Name und ein gutes Zeugnis aus dieser Redaktion dich auf jeden Fall weiter. Viele werden in Zukunft beeindruckt sein, wo du schon überall einen Einblick bekommen hast. Und genau das kann dir Türen zu anderen großen Namen öffnen.
Fazit
Wie du siehst, haben sowohl große als auch kleine Redaktionen Vor- und Nachteile. Wichtig ist zu wissen, was du willst und wofür du dein Praktikum brauchst.
Bei mir war es Zufall, dass ich zuerst in einem kleinen regionalen Radiosender gelandet bin, das kannst du auch hier nachlesen. Danach habe ich erst einmal versucht in große Medienhäuser reinzuschauen, um die Arbeitsweise zu verstehen. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass mir Arbeitserfahrung fehlt. Dann habe ich in kleinen Redaktionen gearbeitet, in denen ich so gut wie alles machen durfte.
Hier kommt also noch die Pro- und Kontralist, die ich euch am Anfang versprochen habe:
Kleine Redaktionen:
Pro:
- Viel Arbeitserfahrung
- Kleines Team
- Du wirst wirklich gebraucht
Kontra:
- Kein Geld
- Viel Stress
- Wenig Chancen auf einen festen Job
Große Redaktionen:
Pro:
- Großer Name im Lebenslauf bringt Vorteile
- Abläufe sind oft ähnlich
- Chance auf Weiterbeschäftigung
Kontra:
- Wenig eigene Verantwortung
- Praktikanten werden oft ausgenutzt
- Qualität steht über Erfahrungswerten
Es gibt natürlich auch Redaktionen, die mehrere Punkte vereinen, also beispielsweise groß sind und man viel Arbeitserfahrung sammeln kann. Sie vorher zu erkennen ist aber fast unmöglich. Man kann Glück haben oder auch nicht.
Welche Erfahrungen hast du mit großen und kleinen Medienhäusern und Redaktionen gemacht? Schreib mir gern über mein Kontaktformular oder in die Kommentare!